Abkühlung gefällig – Das kälteste SPDC-Experiment

Wir haben das bisher kälteste SPDC-Experiment durchgeführt! SPDC steht hierbei für „Spontaneous Parametric Down-Conversion“, was im Deutschen oft als spontane parametrische Fluoreszenz bezeichnet wird. Auf dieser Seite findet ihr spannende Einblicke in Ninas Projekt und was ihr über kalte SPDC wissen müsst.

Interessieren Euch spezielle Details? Dann werft am besten einen Blick in die unten aufgeführten Veröffentlichungen. In unserem Optica-Paper zeigen wir zum ersten Mal die Funktionsfähigkeit von kryogener SPDC und in unserer zweiten Veröffentlichung, die in PRA erschienen ist, präsentieren wir eine kryogene entartete SPDC-Quelle (mehr dazu findet Ihr weiter unten).

Wollt Ihr euch lie­ber ein Vi­deo an­schau­en? Dann stoppt am bes­ten hier

Wir haben dieses Video produziert (in englischer Sprache), in dem wir die Ergebnisse aus unserer ersten Publikation zusammenfassen. Auf unserem Youtube-Kanal findet Ihr außerdem weitere Videos über unsere Projekte.

Wenn Ihr mehr über dieses Projekt erfahren wollt, scrollt einfach weiter. Ihr findet hier u.a. Details zu unserem

  • Experimentellen Aufbau
  • Kryostaten (einer Art sehr kaltem Kühlschrank mit Temperaturen von bis zu -269°C)
  • Kryogenen entartetem SPDC Experiment

Fan­gen wir mit den Grund­la­gen an

SPDC ist eine etablierte Technik zur nichtklassischen Lichterzeugung. Dazu zählen z.B. einzelne Photonen - kleinste Lichtteilchen, aus denen elektromagnetische Strahlung besteht. Bei der SPDC zerfällt ein Photon aus einem starken Laserstrahl (dem Pumpstrahl) beim Durchlaufen eines nichtlinearen Kristalls in zwei Tochterphotonen. So können Paare von Einzelphotonen erzeugt werden. Dieser Prozess wird normalerweise bei Raumtemperatur oder höheren Temperaturen durchgeführt. Unsere SPDC-Quelle hingegen wird in einem Kryostaten auf wenige Kelvin heruntergekühlt (auf etwa – 269°C), um die Leistung zu untersuchen. Bei so geringen Temperaturen spricht man vom kryogenen Temperaturbereich, weshalb es sich bei uns um eine kryogene SPDC-Quelle handelt. Wir zeigen, dass unsere Quelle dabei voll funktionsfähig bleibt und wir gute Kontrolle über das Design haben.

Unsere Materialplattform sind selbst hergestellte, periodisch gepolte, Titan-eindiffundierte Lithiumniobat-Lichtwellenleiter. Die Wellenleiter ermöglichen das Leiten von Licht durch einen optischen Kristall (dies ist vergleichbar mit den Leiterbahnen auf einer Platine, durch welche Strom geleitet wird). Es handelt sich um einen quasi-phasenangepassten Typ-II-Prozess. Die erzeugten Photonen sind dabei senkrecht zueinander polarisiert, weshalb sie sich mit einem Polarisationsstrahlteiler trennen lassen. Eins der Tochterphotonen landet in einem Strahlengang, das zweite Photon im anderen Strahlengang.

War­um wir uns mit kryo­ge­ner SPDC be­schäf­ti­gen

Da SPDC bei Raumtemperatur, also unter normalen Bedingungen, bereits hervorragend funktioniert, wird uns oft die Frage gestellt: "Was ist der Vorteil, wenn die Quelle heruntergekühlt wird?" Anders als man vermuten könnte, liegt unsere Motivation nicht in der Veränderung des Materials selbst, sondern darin, SPDC mit anderen integrierten Komponenten kompatibel zu machen. Einige integrierte Bauelemente müssen in einem Kryostaten betrieben werden, um funktionsfähig zu sein. Ein wichtiges Beispiel sind supraleitende Detektoren wie supraleitende Nanodraht-Einzelphotonendetektoren (SNSPDs). Diese sind der goldene Standard für die Einzelphotonendetektion und bieten unter anderem eine Detektionseffizienz von nahezu 100 %. Wir überprüfen daher die Kompatibilität von SPDC und auch anderen integrierten Komponenten mit kryogenen Bauelementen. Dadurch können wir eine Toolbox von Bauelementen entwickeln, mit denen sich ein vollständig integrierter kryogener Quantenschaltkreis realisieren lässt. Durch die Kombination von mehreren Elementen in einem Schaltkreis, können wir die Lichtquelle, Komponenten zur Manipulation des Lichts und zu dessen Detektion auf einem Chip zusammenbringen.

Was än­dert sich, wenn wir die SPDC-Quel­le ab­küh­len?

Die Eigenschaften der Tochterphotonen, z.B. ihre zentralen Wellenlängen, hängen vom Pumpstrahl und von der sogenannten Phasenanpassung ab. Diese beiden Bedingungen ergeben sich durch Energie- und Impulserhaltung. Letztere wird durch die Polungsperiode bestimmt, ein Parameter, der bei der Herstellung unserer Wellenleiter festgelegt wird. Um die erforderliche Periode zu bestimmen, benötigen wir also ein präzises Modell, das unser System beschreibt. Wir haben festgestellt, dass sich bei Änderung der Temperatur besonders die Brechungsindizes unserer Wellenleiter verändern, was zu einer Verschiebung der Phasenanpassung führt. Leider gibt es keine genauen Daten für die kryogenen Brechungsindizes, daher haben wir diese Verschiebung zunächst durch Messung der SHG-Wellenlänge (Second Harmonic Generation) während eines Kühlvorgangs untersucht. Beim SHG-Prozess werden zwei Photonen aus einem Strahl zu einem neuen Photon. Es gelten die gleichen Energie- und Impulserhaltungssätze. Daher ermöglichte uns diese Messung, unser ursprüngliches Modell abzuändern. Demzufolge hätten wir eine geringere Verschiebung erwartet, als wir im Experiment beobachten konnten. Mit unserem korrigierten Modell können wir die temperaturabhängigen Wellenlängen der SPDC-Photonen nun sehr gut beschreiben.

Ein ge­nau­e­rer Blick auf die kryo­ge­ne Pha­se­n­an­pas­sung

Die Messung des SHG-Spektrums zeigt die zentrale phasenangepasste Wellenlänge. Da es sich bei der SHG um den umgekehrten Prozess der entarteten SPDC handelt (entartet bedeutet hier, dass die erzeugten Photonen dieselbe Energie haben), ist die phasenangepasste Wellenlänge für beide Prozesse dieselbe. Das bedeutet, dass die Pumpwellenlänge, bei der wir die höchste SHG-Leistung erhalten, der Wellenlänge der erzeugten SPDC-Photonen in einem entarteten Prozess entspricht. Durch diese Messung wissen wir also, dass wir Photonen bei gleicher Energie erhalten, wenn wir den SPDC-Prozess mit der doppelten Energie pumpen. Unsere gemessene Wellenlänge stimmt hierbei sehr gut mit unseren theoretischen Vorhersagen überein.

Unsere Messung zeigt außerdem, dass die spektrale Form der kryogenen SHG nahezu der idealen Form entspricht. Diese Übereinstimmung beweist eine genaue und einheitliche Herstellung des gepolten Wellenleiters in unserem Reinraum.

Spek­tra­le Ei­gen­schaf­ten un­se­rer SPDC-Quel­le

Wir messen die gemeinsame spektrale Intensität (Joint Spectral Intensity, JSI) der beiden Photonen. Diese ist vergleichbar mit einer Wahrscheinlichkeitsverteilung, welche Wellenlängen beim SPDC-Prozess entstehen können. Unsere Messung zeigt, dass beide Photonen (Signal und Idler genannt) um die Wellenlänge zentriert sind, die wir auch für das SHG-Spektrum beobachtet haben. Außerdem zeigt sie, dass es eine spektrale Korrelation zwischen den Photonen unserer Quelle gibt, erkennbar durch die elliptische Form der JSI.

Zusätzlich zu den spektralen Eigenschaften haben wir die Helligkeit der Quelle, die Klyshko-Effizienz und die Autokorrelationsfunktion bei kryogenen Temperaturen charakterisiert, um die Erzeugung von Einzelphotonen nachzuweisen (mehr Details dazu in unseren Veröffentlichungen).

Kön­nen wir mit un­se­rer Quel­le un­un­ter­scheid­ba­re Pho­to­nen er­zeu­gen?

Wir haben eine Hong-Ou-Mandel (HOM) Interferenzmessung unserer Quelle durchgeführt, um zu prüfen, wie identisch die erzeugten Photonen sind. Dazu haben wir in beiden Strahlengängen jeweils einen Wellenlängenfilter eingesetzt, um die spektrale Korrelation der Photonen zu reduzieren. Die elliptische Form der JSI wird durch die zusätzlichen Filter deutlich kreisförmiger. Auf diese Weise haben wir einen HOM-Dip gemessen, der unter 50 % geht. Dadurch konnten wir die Ununterscheidbarkeit der beiden Photonen bestätigen.

Das Wichtigste in Kürze

Nina Lange Research Scientist
Welche Erkenntnisse können wir mitnehmen?

Unsere Ergebnisse zeigen eine zuverlässige Kontrolle des kryogenen SPDC-Prozesses. Mit unserem angepassten Modell können wir genau vorhersagen, welche Polungsperiode für die kryogene Phasenanpassung hergestellt werden muss.

Warum ist das so?

Das gleichmäßige SHG-Spektrum ist ein Beweis für die sorgfältige Herstellung des Wellenleiters der periodischen Polung. Die entarteten Photonenpaare aus unserer Quelle stimmen sehr gut mit unserer Designwellenlänge überein. Das bedeutet, dass wir mit zusätzlicher Filterung in der Lage sind, ununterscheidbare Photonen zu erzeugen.

Dies sind un­se­re re­le­van­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen

Cryogenic integrated spontaneous parametric down-conversion

N.A. Lange, J.P. Höpker, R. Ricken, V. Quiring, C. Eigner, C. Silberhorn, T. Bartley, Optica 9 (2022).


Degenerate photons from a cryogenic spontaneous parametric down-conversion source

N.A. Lange, T. Schapeler, J.P. Höpker, M. Protte, T. Bartley, Physical Review A 108 (2023).


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Pres­se­mit­tei­lung

Wollt Ihr noch einen Blick auf die Pressemitteilung zu unserer Veröffentlichung im Optica-Journal werfen? Den Artikel über unsere Demonstration der Funktionsfähigkeit von kryogener SPDC findet Ihr hier.

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Nina Amelie Lange

Mesoskopische Quantenoptik

Spontaneous parametric down-conversion for single-photon generation at cryogenic temperatures

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