Erklärvideos erfreuen sich einer immer größeren Beliebtheit. So zeigen aktuelle Umfragen, dass bis zu 75 % der Schülerinnen und Schüler Erklärvideos im Unterricht oder für schulische Zwecke nutzen (Jebe, Konietzko, Lichtschlag & Liebau, 2019). Weiterhin zeigt sich in verschiedenen Studien zu Erklärvideos, dass sie einen positiven Effekt auf den Lernzuwachs besitzen. Unklar hingegen ist jedoch von welchen Bedingungen diese positiven Effekte abhängen (Fiorella & Mayer, 2018; Kay, 2012). Im Projekt „Wirksamkeit von Erklärvideos im Physikunterricht“ steht daher die Frage im Mittelpunkt, von welchen Bedingungen und Merkmalen die Wirksamkeit von Erklärvideos abhängt. Zur Präzisierung dieser Frage wird von folgenden theoretischen Überlegungen ausgegangen:

Erklärvideos beinhalten wie andere Medien im Physikunterricht eine Elementarisierung von Inhalten. Eine gelungene Erklärung im Erklärvideo sollte dabei den Bedingungen einer Elementarisierung genügen. Diese Elementarisierung unterliegt verschiedenen Anforderungen (z. B. Einbezug von Alltagsvorstellungen, schrittweise Einführung von Mathematik) (Reinhold, 2010). Weiter wird angenommen, dass ein solches Erklärvideo außerdem die Gestaltungsprinzipien multimedialen Lernens nach Mayer (2009) berücksichtigt. Die Einbettung in Unterricht sollte Aspekte des Cognitive Apprenticeship aufgreifen, da eine Handlung oder ein Konzept vorgestellt wird und die Lernenden das Konzept nachvollziehen oder die Handlung nachmachen. Darüber hinaus werden zur Einbettung unterrichtsmethodisch drei verschiedene Einsatzformen von Erklärvideos vorgeschlagen: Flipped Classroom, Blended Learning und Peer-to-Peer Tutorials (Kulgemeyer & Wolf, 2016). In diesem Projekt werden die Einbettungsformen Flipped Classroom und Blended Learning als simultaner Einsatz von Erklärvideo und regulärem Unterricht untersucht.

Aus der theoretischen Rahmung ergeben sich für das vorgestellte Projekt folgende Hypothesen:

H1 Eine fachdidaktisch hochwertigere Erklärung im Erklärvideo erhöht die Lernwirksamkeit.

H2 Eine fachdidaktisch bessere multimediale Gestaltung des Erklärvideos erhöht die Lernwirksamkeit.

H3 Die Wirksamkeit hängt von der Art der Einbettung der Erklärvideos in den Lernprozess ab.

Um diese Hypothesen zu bearbeiten, wird eine quantitative Laborstudie im Pre-Post-Design angestrebt. Es werden die Qualität der Erklärung (hoch/niedrig), die multimediale Gestaltung (hoch/niedrig ausgeprägt) und das Lernsetting (Flipped Classroom und Blended Learning) anhand von experimentellen Aufgaben zum Thema elektrischer Widerstand variiert. Der Lernzuwachs wird anhand des Konzeptwissens, des deklarativen Handlungswissens und der Performanz beim Experimentieren unter Kontrolle der Selbstwirksamkeitserwartung, der Motivation, des Interesses, des Nutzungsverhaltens.

 

Literaturverzeichnis

Fiorella, L.; Mayer, R. E. (2018): What works and doesn't work with instructional video. In: Computers in Human Behavior 89, S. 465–470. DOI: 10.1016/j.chb.2018.07.015.

Jebe, F.; Konietzko, S.; Lichtschlag, M.; Liebau, E. (2019): Studie: "Jugend/YouTube/Kulturelle Bildung. Horizont 2019. Essen: Rat für Kulturelle Bildung e. V. Online verfügbar unter www.rat-kulturelle-bildung.de/fileadmin/user_upload/pdf/Studie_YouTube_Webversion_final.pdf.

Kay, R. H. (2012): Exploring the use of video podcasts in education: A comprehensive review of the literature. In: Computers in Human Behavior 28 (3), S. 820–831. DOI: 10.1016/j.chb.2012.01.011.

Kulgemeyer, C.; Wolf, K. D. (2016): Lernen mit Videos? Erklärvideos im Physikunterricht. In: Naturwissenschaften im Unterricht. Physik 27 (152), S. 36–41.

Reinhold, P. (2010): Den Physikunterricht fundieren. Elementarisierung und didaktische Rekonstruktion. In: Mikelskis, H. F. (Hg.): Physik-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II. 2. Aufl. Berlin: Cornelsen Scriptor, S. 86–119.