Elektronen-Energie-Verlust-Spektroskopie (EELS)

Bei EELS (electron energy-loss spectroscopy) wird die Zahl der Elektronen als Funktion des Energieverlustes, den sie im Objekt erfahren haben, detektiert. Zur Aufnahme der Spektren kommt ein Prismenspektrometer oder abbildendes Energiefilter zum Einsatz. Ein Magnetfeld-Elektronen-Prisma befindet sich üblicherweise am Ende der TEM-Säule. Im magnetischen Sektorfeld wird der einfallende Elektronenstrahl auf eine Kreisbahn abgelenkt, deren Radius vom Energieverlust abhängt (Abbildung 1). Durch eine geeignete Neigung (ε ≠ 0) der Kanten des Sektorfeldes gegen den Elektronenstrahl wird eine Fokussierung in radialer und axialer Richtung erreicht. So kann eine hohe Auflösung bei großem Akzeptanzwinkel realisiert werden. Man unterscheidet zwischen serieller und paralleler Detektion des Spektrums. Bei der seriellen Aufnahme wird das Spektrum über einen Schlitz vor einen Szintillator- oder Halbleiterdetektor gerastert. Aufgrund der langen Aufnahmezeit bei diesem Verfahren hat sich die parallele, d.h. simultane Detektion des gesamten Spektrums auf einer 1-dimensionalen Photodiodenzeile oder einer 2-dimensionalen CCD-Kamera durchgesetzt.

Die Verlust-Spektren enthalten Informationen über inelastische Streuprozesse der einfallenden, schnellen Elektronen mit dem Objekt. Im sog. „Null-Verlust-Maximum“ (zero-loss peak) sind ungestreute, rein elastisch gestreute sowie inelastisch gestreute Elektronen mit nicht auflösbar kleinen Energieverlusten (z.B. Streuung an Phononen) enthalten. Im Bereich kleiner Energieverluste (< 50 eV) treten Plasmonenanregungen, Cherenkov-Verluste und Übergänge zwischen elektronischen Bändern auf. Bei höheren Energieverlusten können Ionisationskanten aufgrund der Wechselwirkung mit kernnahen Elektronen beobachtet werden. Die Ionisation innerer Schalen gestattet eine quantitative Analyse der Elementzusammensetzung (Abbildung 2): Nach Abzug des Untergrundes und Korrektur von Mehrfachstreu-Effekten wird die Zahl der Elektronen in den Energieverlust-Intervallen 0 ≤ ΔE ≤ w(N0) und E≤ ΔE ≤ EK+w(Na) gemessen (EK: Energieverlust der Kante, w: Breite des Energie-Intervalls). Damit ergibt sich die Flächendichte der Anzahl Atome des Elementes a zu  

na = (1/σa(α,w))*Na(α,w)/N0(α,w)   ,

wobei σa den partiellen Streuquerschnitt und α den Akzeptanzwinkel bezeichnen. Für große Akzeptanz- und kleine Beleuchtungsapertur kann die Kantenintensität signifikant von der Kristallorientierung des Objektes beeinflusst werden.

Kantennahe Feinstruktur (ELNES)

Die kantennahe Feinstruktur (electron energy-loss near edge fine structure, ELNES) liegt im Energieverlustbereich bis ~50eV ab Beginn der Ionisationskante vor. Sie resultiert aus der unbesetzten Zustandsdichte oberhalb des Ferminiveaus. Je nach Bindungszustand und Kristallstruktur ist die Feinstruktur unterschiedlich ausgeprägt. Aufgrund unbesetzter d-Zustände treten bei Übergangsmetalloxiden intensitätsstarke Linien, sog. white lines auf, deren Intensitätsverhältnis mit der Oxidationsstufe des Metalls korreliert. Darüber hinaus wird eine vom Valenzzustand abhängige Verschiebung (chemical shift) des Kantenanfangs beobachtet. 

Kantenferne Feinstruktur (EXELFS)

Die kantenferne Feinstruktur (extended electron energy-loss fine structure, EXELFS) bezeichnet schwache Intensitätsoszillationen im Bereich von ~50 eV bis ~200 eV oberhalb des Kantenbeginns. Analog zu der bei der Röntgenabsorption auftretenden Feinstruktur (EXAFS) entsteht sie durch Interferenz zwischen der ausgehenden Welle des angeregten Elektrons und den an den Nachbaratomen zurückgestreuten Wellen. EXELFS ermöglicht die Bestimmung der radialen Dichteverteilung der Nachbaratome.

[1] L. Reimer, H. Kohl: Transmission Electron Microscopy - Physics of Image Formation, Springer 2008

 Autor: Dr. Thomas Riedl