Lehr­nach­mit­tage

Die Lehrnachmittage werden etwa einmal pro Semester von Mitgliedern der AG Physikdidaktik und weiteren interessierten Personen aus dem Department Physik ausgerichtet. Sie bieten allen Interessierten ein Forum für Austausch und Diskussion über aktuelle Herausforderungen in der eigenen Lehre. Aus Sicht der Physikdidaktik werden Werkzeuge eingebracht, die die Analyse solcher Herausforderungen ermöglichen und aus denen konkrete Handlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der jeweiligen Situation abgeleitet werden können.

Langfristige Angebote

Die Ausrichter der Lehrnachmittage freuen sich jederzeit über Anregungen zu konkreten Inhalten oder Fragestellungen, die in diesem Format diskutiert werden können. Insbesondere sind alle Interessierten herzlich eingeladen, an der Gestaltung mitzuwirken.

Die Ausrichter sind weiterhin gerne bereit, auch mit einzelnen Lehrenden aktuelle Herausforderungen zu diskutieren und zu analysieren. Die kann sowohl bei einer Tasse Kaffee in der Mittagspause, in der Diskussion der jeweiligen Vorlesungs- oder Übungsmaterialien oder auch im Rahmen einer kollegialen Hospitation (also einem beobachtenden Besuch in der jeweiligen Lehrveranstaltung) geschehen.

Kontakt: Christoph Vogelsang (J6.147; christoph.vogelsang@upb.de) oder David Woitkowski (J6.140; david.woitkowski@upb.de)

 

Die Materialien zu allen Lehrnachmittagen finden sich unter panda.upb.de im Kurs „Lehrnachmittage im Department Physik “.

Rü­ck­blick auf frü­he­re Lehr­nach­mit­tage

3. Lehrnachmittag: Motivation (SoSe 2017 )

Unter dem Titel

„Keiner hat mehr Bock?“ - Wie kann ich die Motivation meiner Studierenden aufrechterhalten?

  ging es um Motivation Studierender zur aktiven Teilnahme an Lehrveranstaltungen.

In einer ersten Austauschrunde wurde zusammengetragen, was die Teilnehmer des Lehrnachmittages in der eigenen Studienzeit motiviert hat, was sie eher demotiviert hat und was davon sie selbst als Dozenten schon gemacht haben. Ein anschließender Theorieteil setzte bei dem einfachen Modell an, dass Motivation zu Volition und die wiederum zu einer tatsächlich ausgeführten Handlung führt, welche dann wiederum die Motivation beeinflussen kann. Bei der Motivation lassen sich dabei vor allem zwei Typen unterscheiden: Extrinsische Motivation ergibt sich eher daraus, dass die jeweilige Handlung positive Konsequenzen erzeugt oder negative vermeidet. Intrinsische Motivation ergibt sich eher aus positiven Erlebenszuständen während der Handlung. Bei der Erzeugung und Aufrechterhaltung letzterer wurden dann die drei Basic Needs als zentrale Einflussfaktoren herausgestellt:

  • Kompetenzerleben (ich erlebe, etwas zu können, erfolgreich zu sein)
  • Autonomie (ich habe Kontrolle über mein Handeln, ich habe Wahlmöglichkeiten, ich kann mein Verhalten anpassen)
  • Soziale Eingebundenheit (ich bin akzeptierter Teil eines sozialen Netzes, ich fühle mich als Teil eines Arbeitsbündnisses)

Von der Motivation lässt sich das Interesse abgrenzen, das als Quelle intrinsischer Motivation gelten kann. Dabei kann wiederum zwischen individuellem Interesse (relativ stabile Beziehung einer Person zu einem Gegenstand) und situationalem Interesse (durch äußere Umstände, die Situation, hervorgerufener Zustand des Interessiertseins) unterschieden werden.

In einem praktisch orientierten Teil wurden konkrete Hinweise gegeben, wie die Basic Needs in Vorlesungen und Übungen gezielt angesprochen werden können, um so Motivation langfristig aufrecht zu erhalten oder sogar zu steigern. Übergreifen wurde vorgeschlagen, auf das Pacing einer Lehrveranstaltung zu achten: Das jeweilige Lerntempo muss den Studierenden und der Schwierigkeit des Lerngegenstandes angepasst und immer wieder überprüft werden. Als weitere Vorschläge wurden diskutiert:

  • Ein Advanced Organizer hilft den Studierenden, die Inhalte in einen größeren Kontext einzubetten und Zieltransparenz zu schaffen.
  • Schwierige Stellen sollten offensiv angegangen werden, indem gezielt das Lerntempo zugunsten eines gründlichen Verstehens vermindert wird.
  • Verständnis abfragen hilft sowohl das Pacing zu kontrollieren als auch, auf Verständnisschwierigkeiten der Studierenden gezielt einzugehen. Hier lohnt sich ggf. der Einsatz digitaler Tools wie PINGO (pingo.upb.de).
  • Eine enge Verknüpfung zwischen Vorlesung, Übung und Selbststudium kann durch das gezielte Anbieten von Strukturen für das Selbststudium ermöglicht werden.
  • Eine Übung kann diese Verknüpfung z.B. im Rahmen einer Wiederholung zentraler Vorlesungsinhalte zu Beginn ermöglichen, die unterschiedlich stark von den Studierenden geliefert werden kann.
  • Eine gezielte Aufgabenauswahl hilft, den Studierenden solche Aufgaben zu stellen, die von Ihnen als sinnvoll und hilfreich wahrgenommen werden.
  • Ein Schwierigkeitspacing auf dem Übungszettel hilft den Studierenden, sowohl die Schwierigkeit von Übungsaufgaben als auch ihren eigenen Leistungsstand konkreter einzuschätzen.

Zusammenfassend können Lehrende selbst aktiv zur Motivation ihrer Studierenden beitragen und sollten dies auch tun, da (wie auch die anschließende Diskussion zeigte) Studierende selbst sich damit selbst häufig schwer tun.

Unter dem Titel

„Ich muss lehren, aber wie…?“ – Hinweise und Konzepte zur Gestaltung von Übungen in der Physik 

ging es im zweiten Lehrnachmittag konkret um Übungen und Übungsaufgaben, die nicht selten von wenig erfahrenen Lehrenden durchgeführt werden, und für deren Vorbereitung neben der jeweiligen Forschungstätigkeit häufig nicht viel Zeit zur Verfügung steht.

Der Lehrnachmittag startete mit einer Austauschrunde zu der Frage, was eine gute bzw. schlechte Übung ausmacht und was die Lehrenden zur Gestaltung einer guten Übung benötigen. Der anschließende Theorieteil zeigte auf, wie das menschliche Gehirn aufnimmt, zunächst im Kurzzeitgedächtnis speichert und durch Übung in das Langzeitgedächtnis transferiert. Dabei wurde vor allem darauf eingegangen, dass es nur eine relativ kurze Phase hoher Aufmerksamkeit gibt, nach deren Ablauf vor allem Neuigkeit und Interessantheit zur Wiederaufnahme der Aufmerksamkeit notwendig ist. Beim Transfer ins Langzeitgedächtnis helfen vor allem eine Verknüpfung der Inhalte untereinander und extern (z.B. auch mit Emotionen).

Eine Studie in Paderborn (Haak, 2016/typo3/) hatte Studierende und Lehrende nach einer „guten Übung“ befragt: Dozenten wollen vor allem , dass Studierende (mathematische) Konzepte verstehen und übertragen können – Studierenden ist es dagegen wichtiger, die Klausur zu bestehen. Studierende wünschen sich, dass die Übungsleiter relevante Inhalte kompetent darstellen können, motiviert sind und Empathie zeigen; sie bemängeln aber häufig eine fehlende Kenntnis typischer Schwierigkeiten des Inhalts. Übungsleiter sehen Studierende häufig als zu unvorbereitet und vermissen aktive Mitarbeit (z.B. das Stellen von Fragen).

Anhand einer konkreten Übungsaufgabe wurden im anschließenden Praxisteil Techniken diskutiert, wie Studierende an einen sinnvollen Umgang damit und die Fähigkeit zur erfolgreichen Lösung herangeführt werden können:

  • Häufig finden Studierende keinen „Ansatz“ zu einer Aufgabe. Das kann damit zusammenhängen, dass in Aufgaben häufig nur explizit nach dem Rechenweg gefragt wird, die davor nötigen Schritte, nämlich das aktivieren notwendiger (mathematischer) Werkzeuge und das Entwickeln eines Modells der jeweiligen physikalischen Situation, aber ausgeblendet werden. Hier könnte es helfen, gerade zu Beginn des Semesters, diese vorgelagerten Schritte explizit zu thematisieren.
  • Typische Übungsaufgaben sind vergleichsweise komplex, was zu einer Überforderung des Arbeitsgedächtnisses führen kann. Hilfreich kann hier ein zerlegen in weniger komplexe Teilaufgaben sein.
  • Die Fähigkeit einen richtigen Lösungsweg zu finden, ist selbst Lernziel. Daraus ergibt sich der Hinweis, den Lösungsweg (und wie er gefunden wurde) explizit zu thematisieren und deutlich zu machen, bei welchen Aufgaben ähnlich vorgegangen werden kann.
  • Im Sinne eines Cognitive Apprenticeships kann die Anforderung an die Studierenden im Laufe des Semesters graduell gesteigert werden.
  • Neben dem üblichen Vorrechnen von Lösungen können weitere Phasen die Übung ergänzen. Ein Präsenzteil verlangt explizit das eigenständige (oder kollaborative) Lösen und verhindert das häufige Abschreiben von Lösungen. In einem Diskussionsteil können die mathematisch-physikalischen Werkzeuge intensiver thematisiert werden, auf deren Basis dann die Aufgabenlösung erarbeitet wird.

In der abschließenden Diskussion wurde vor allem deutlich, dass auch die Motivation der Studierenden eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Diese soll in einem späteren Lehrnachmittag thematisiert werden.

Unter dem Titel

„Sie verstehen es einfach nicht!“ - Umgang mit Verständnisschwierigkeiten in Anfängerveranstaltungen der Physik

  wurden Probleme diskutiert, die sich aus konzeptuellen (Fehl-)Vorstellungen bei Studierenden ergeben.

In einer anfänglichen Austauschrunde wurden ganz allgemein aktuelle Schwierigkeiten in der Lehre der Teilnehmenden gesammelt und geordnet. Es stellte sich heraus, dass eine ganze Reihe davon sich auf Probleme beim konzeptuellen Verständnis zurückführen ließ. In einem anschließenden Informationsteil wurde dargestellt, wie Lernen als Einordnen von neuen „Erfahrungen“ in eine bestehende kognitive Struktur verstanden werden kann und wie eine Nicht-Passung zwischen neuer Information und vorhandener Struktur zu Lernschwierigkeiten führen kann. Da grundsätzlich davon ausgegangen werden muss, dass Studierende bereits eine (relativ stabile) Vorstellung zum Thema der jeweiligen Lehrveranstaltung haben, ist es notwendig, diese zu kennen und damit produktiv umgehen zu können.

Anhand von konkreten Testaufgaben konnte dargestellt werden, wie viele der (paderborner) Studierenden tatsächlich systematisch falsche Vorstellungen von grundlegenden physikalischen Begriffen aufweisen (hier vom Begriff der „Kraft“).

Als Weg, mit dieser Problemlage umzugehen wurde das Modell der didaktischen Rekonstruktion vorgeschlagen. Hieraus ergeben sich drei Schritte, die bei der Veranstaltungsplanung durchlaufen werden sollte: Bestimmung der elementaren Verstehenselemente; Bestimmung von erwarteten Verständnisschwierigkeiten; Entwicklung einer sachlogischen Lernstruktur. In Vorlesungen können solche Verständnisschwierigkeiten (z.B. in kleinen Quiz-Teilen) aktiv herausgefordert werden. In Übungen könnten verstärkt Verständnis- (statt Rechen-) Aufgaben eingesetzt werden.

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Dr. Christoph Vogelsang

Didaktik der Physik

Lehrveranstaltungen zum Praxissemester

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Dr. David Woitkowski

Didaktik der Physik

Fachwissensentwicklung Physik in der Studieneingangsphase

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