Die inklusive Bildung von Kindern durch eine ressourcenorientierte und förderbezogene Diagnostik verbessern: Das ist das Ziel eines neuen interdisziplinären Forschungsprojekts der Universitäten Paderborn und Bielefeld. Das Vorhaben mit dem Titel „DiPoSa – Didaktisch-diagnostische Potentiale des inklusionsorientieren Sachunterrichts“ will den Risiken entgegenwirken, die zu Exklusion und Etikettierung von Kindern als sonderpädagogisch förderbedürftig führen können. Im Kern handelt es sich dabei um einen praxisorientierten Ansatz zur Konzeptualisierung diagnostischer Kompetenzen für die Lehrer*innenaus- und -fortbildung. Das Verbundprojekt mit einer Laufzeit von drei Jahren startet im Januar 2022 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 718.000 Euro gefördert.
„Eine gleichberechtigte soziale und schulische Teilhabe von Schülerinnen und Schülern ist essenziell für funktionierende Gesellschaften und legt den Grundstein für persönliche Biografien. Deshalb müssen an den allgemeinen Schulen die notwendigen Voraussetzungen für die individuelle Förderung aller Kinder geschaffen werden. Daran wollen wir arbeiten. Das Projekt zielt auf die Etablierung einer Diagnosepraxis durch die forschungsbasierte Entwicklung und Verankerung entsprechender Aus- und Fortbildungsmodule für Lehrkräfte für die Grundschule und für die sonderpädagogische Förderung in Theorie und Praxis ab. Der Sachunterricht bietet dazu als ein Hauptfach der Primarstufe zahlreiche Möglichkeiten und gute Strukturbedingungen für eine eng an das didaktische Handeln gebundene Diagnostik und eine an den kindlichen Ressourcen orientierte inklusive Bildung“, erklärt die projektleitende Verbundpartnerin Prof. Dr. Eva Blumberg von der Universität Paderborn.
Mit fortbildungs- und inklusionserfahrenen Sachunterrichtslehrkräften und deren videogestützter Begleitung im Unterricht wird die bereits vorhandene didaktische Kompetenz des Lehrpersonals als Basis für Aus- und Fortbildungsmodule identifiziert. Dafür werden sogenannte Videovignetten mit unterschiedlichen Diagnosesituationen entwickelt. Als Produkte entstehen verschiedene Module, die in mehreren Durchgängen erprobt und optimiert werden. Anschließend werden Theorie-Praxis-Analyse-Tools für die erste und dritte Lehrer*innenbildungsphase entwickelt. Die Evaluation einer dadurch verbesserten Kompetenz der Lehrer*innen bildet den Abschluss. Die Schulämter Herford, Bielefeld, Paderborn und Gütersloh sind ebenfalls an dem Projekt beteiligt.
„Die durchgängige Beteiligung von Schulpraktikerinnen und -praktikern in allen Phasen des Projektes ist uns ein wichtiges Anliegen, um von der Expertise erfahrener Lehrkräfte bei der Entwicklung und Erprobung der Aus- und Fortbildungsmodule zu profitieren. Im Zentrum steht für uns ein professioneller Blick auf sachunterrichtliche Lernsituationen, in denen Kinder in ihrem fachlichen Lernen und ihrer individuellen Entwicklung auf Barrieren stoßen oder besondere Stärken zeigen und ihre Potentiale weiterentwickeln können. Solche Situationen wollen wir gezielt identifizieren, um daraus Indikatoren für eine konstruktive Unterstützung aller Lernenden abzuleiten“, erläutert der Verbundkoordinator Dr. René Schroeder von der Universität Bielefeld. Diese verfolgen die Verbundpartner*innen im sogenannten „Design-Based-Research-Forschungsdesign“, in dem Wissenschaft und Praxis von Anfang an in einem mehrfach zu durchlaufenden zirkulären Forschungs- und Entwicklungsprozess sehr eng zusammenarbeiten.
An dem Projekt sind die „Grundschulpädagogik“ (Prof. Dr. Susanne Miller, Dr. René Schroeder) aus Bielefeld und die „Didaktik des naturwissenschaftlichen Sachunterrichts“ (Prof. Dr. Eva Blumberg) sowie der Arbeitsbereich „Inklusion und Sonderpädagogische Förderung“ (Prof. Dr. Brigitte Kottmann) aus Paderborn beteiligt.
Das Forscher*innenteam rechnet bereits im Herbst 2022 mit ersten richtungsweisenden Ergebnissen.
Nina Reckendorf, Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing