Zwei große Sattelschlepper waren erforderlich, um ein neues Mikroskop für das Department Physik der Universität Paderborn anzuliefern. Fast zwei Tage lang wurde der Parkplatz vor Gebäude P5 mit unzähligen Kisten und Paletten belagert, in und auf denen die empfindlichen Komponenten des neuen Geräts für den Transport auf dem Luft- und Seeweg verpackt waren. Das Herzstück des neuen Mikroskops wurde in Japan gebaut und dort auch schon vor der Reise nach Paderborn getestet – einige wichtige Komponenten stammen aber auch aus Deutschland und den USA.
Das neue Transmissionselektronenmikroskop (TEM) ermöglicht es, in festen Materialien, wie sie zum Beispiel für optoelektronische Bauelemente, magnetische Datenspeicher und Sensoren oder für den Leichtbau von Fahrzeugteilen gebraucht werden, die innere Struktur mit atomarer Auflösung sichtbar zu machen. Die analytischen Messinstrumente dieses Mikroskops gestatten es darüber hinaus, die lokalen chemischen, elektronischen und optischen Eigenschaften der vorliegenden Materialien zu untersuchen. Hierdurch lassen sich die makroskopischen Eigenschaften vieler wichtiger Materialien mit ihrem atomaren Aufbau in Zusammenhang bringen, wodurch auch theoretische Vorhersagen über das Materialverhalten überprüft werden können.
„Das neue Mikroskop soll zusammen mit der Universität Bielefeld in einer gemeinsamen Forschungseinrichtung, dem OWL-Analytik-Zentrum (OWL-AC), betrieben werden“, erläutert der Physiker Prof. Dr. Jörg Lindner.
In Bielefeld wird in den nächsten Monaten ein zweites Mikroskop aufgebaut, das für die Untersuchung von Materialien bei Flüssigstickstoff-Temperaturen (-196 °C) ausgelegt ist. In diesem „Cryo-TEM“ lassen sich auch weiche Materialien „ansehen“ oder solche, die bei Raumtemperatur flüssig sind, zum Beispiel Polymere, Biomaterialien und Verbundwerkstoffe.
„Insgesamt entsteht durch die Kooperation im OWL-AC ein materialanalytischer Forschungscluster mit modernster Ausstattung, der weit über die Region ausstrahlen wird. Das OWL-AC wird dazu auch Forschern externer Einrichtungen und Unternehmen offen stehen“, so Lindner. „Für die Paderborner Physik ist die Anschaffung des Mikroskops ein großer Schritt im Bereich der Materialwissenschaften.“
Um den wissenschaftlichen Nachwuchs in dieser Disziplin weiter fit zu machen, bietet die Uni Paderborn ab dem Wintersemester 2017/18 einen internationalen Master-Studiengang „Materials Science“ an.