Dr. Thomas Riedl und Prof. Dr. Jörg Lindner von der Arbeitsgruppe „Nanostrukturierung, Nanoanalyse, Photonische Materialien“ erhalten von der Deutschen Forschungsgemeinschaft ca. 250.000 € für das gemeinsame Projekt „Stabilität von Fehlpassungsversetzungen in axial-heteroepitaktischen Nanostabstrukturen“.
Heteroepitaktische Systeme gestatten es, unterschiedliche Halbleitermaterialien zu Bauelementen zu kombinieren, um vielfältige elektronische, optische oder thermoelektrische Funktionen zu realisieren. Aufgrund der in der Regel unterschiedlichen Gitterkonstanten von Halbleitern verschiedener Bandlücke entstehen in planaren Heterostrukturen oft Fehlpassungsversetzungen, die als nichtstrahlende Rekombinationszentren die optischen Eigenschaften der Bauelemente beeinträchtigen. Durch Verwendung nanoskaliger Abmessungen, speziell in Form von Nanostäben, kann jedoch die Bildung von fehlpassungsrelaxierenden Gitterdefekten vermieden werden, wodurch das Spektrum einsetzbarer Materialien und somit das Anwendungspotential entsprechender Bauelemente erheblich erweitert wird. „Eine Schlüsselherausforderung besteht darin, die kritischen Abmessungen für die Entstehung der Gitterdefekte verlässlich vorhersagen zu können“, erläutert Thomas Riedl.
Daher adressiert das auf drei Jahre angelegte Projekt die grundlegende Frage, wann Fehlpassungsversetzungen in welcher Konfiguration thermodynamisch stabil in heteroepitaktischen Schichten auf Nanostäben vorliegen. Dies soll anhand experimenteller und theoretischer Untersuchungen am Beispiel des neben den Gruppe III-Nitriden bedeutendsten III-V-Halbleitersystems GaAs/InAs geklärt werden. Zur Herstellung von GaAs-Nanostäben kommt die in der AG Lindner etablierte Nanokugellithographie zum Einsatz, die eine periodische Nanostrukturierung auf größeren Flächen (cm2) ermöglicht. Die heteroepitaktischen Schichten werden in Zusammenarbeit mit der AG Reuter mittels Molekularstrahlepitaxie im Ultrahochvakuum gezüchtet, was höchste Kristallqualität und Reinheit gewährleistet. „Mit der hochaufgelösten Transmissionselektronenmikroskopie haben wir ein wertvolles Werkzeug, das uns einen tiefen Einblick in den atomistischen Aufbau der Nanoheterostrukturen ermöglichen wird“, betont Jörg Lindner. „Die begleitend geplanten atomistischen Rechnungen auf Basis empirischer Potentiale stellen einen neuen Ansatz dar, der substanzielle Erkenntnisse über die Defektkonfiguration und ‑stabilität in derartigen Strukturen erwarten lässt“, ergänzt Thomas Riedl.