Forschende der Arbeitsgruppe Integrierte Quantenoptik um Prof. Dr. Christine Silberhorn haben in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Prag die Wiederkehr von Kohärenzen eines Quantum Walks auf einem dynamisch perkolierten Graph nachgewiesen. Dazu erweiterten sie ihr durch einen elektrooptischen Modulator realisiertes, zeitmultiplextes Quantum Walk Experiment um einen dynamischen Coin-Operator. Zum ersten Mal wurde damit ein Quantum Walk auf einem dynamischen Graphen durchgeführt.
Das Verständnis von Transportphänomenen ist die Basis für viele Untersuchungen von natürlichen Prozessen oder von Menschen erschaffenen Strukturen. Diese reichen von Energietransport in der Photosynthese bis zu Informationsnetzwerkanwendungen. Jüngste Forschung zeigt, dass die Kombination von klassischen und Quanteneffekten höchst unerwartetes Verhalten des Gesamtsystems erklären oder gar erst erzeugen kann. Um Quantentransportprozesse auf zufälligen oder nicht-statischen Netzwerken verstehen zu können, wie sie zum Beispiel in Molekülen oder porösen Medien vorkommen, können Quantum Walks auf dynamisch perkolierten Graphen als idealem Testsystem verwendet werden. Sie eignen sich hervorragend, um die Grenzen zwischen dem klassischen und Quantenregime zu erkunden. Ein Quantum Walk ist ein echter Quantenprozess, der sich auf einem festgelegten Graphen oder Netzwerk ausbreitet, das aus Knoten und Verbindungen besteht. Quantum Walks haben sich dabei als Modellsystem für vielfältige Transportphänomene wie Photosynthese etabliert. Bis zuletzt gab es viele Implementierungen von Quantum Walks auf statischen und vollständig verbundenen Graphen. Perkolation, ein mathematisches Konzept, das sich mit der Konnektivität von Graphen beschäftigt, wird in einer Vielzahl von Anwendungen in Mathematik und Physik eingesetzt, um die Veränderung der Graphen-Struktur zu beschreiben. Das Standardmodell von Perkolation eines finiten Graphen zeigt, dass die Verbindungen zwischen den Knoten nur mit einer vorbestimmten Wahrscheinlichkeit präsent sind und simuliert so optimal die Gegebenheiten in fluktuierenden Medien, Netzwerken oder Umgebungen. Durch das Ausnutzen eines cleveren Split-Step Schemas waren die Wissenschaftler in der Lage dynamisch Verbindungen im unterliegenden Graphen zu kappen. Dies bedeutet, dass der Quantum Walker in jedem Schritt seiner Evolution einen unterschiedlichen Graphen mit vorhandenen oder gekappten Verbindungen, das heißt erlaubten oder verbotenen Übergängen zwischen den Knoten des Graphen, sieht. Um die Fähigkeiten des Experiments zu testen, wurden die Kohärenzeigenschaften eines finiten Systems aus drei Knoten und einer Verbindungswahrscheinlichkeit von 50 % untersucht. Hierfür wurde ein Ensemble von 64 unterschiedlichen Graphen-Konfigurationen vermessen und darüber gemittelt. Eine tomographische Untersuchung des internen Zustandes des Quantum Walkers zeigte trotz einer zunächst vollständigen Zerstörung der Kohärenz eine Wiederkehr eben dieser im dritten Schritt. Dies ist eine eindeutige Signatur nicht-Markovschen Verhaltens, das zwar von der Theorie genauso vorhergesagt wurde, jedoch zutiefst der Intuition widerspricht, dass zufällige Störungen Quanteninterferenzen zerstören und so zu einem Quanten-zu-klassischem Übergang führen. Ein solcher Übergang wurde schon für zufällige Störungen des internen Zustandes des Walkers nachgewiesen. Die Wissenschaftler haben damit gezeigt, dass in ihrem Quantum Walk Experiment mittels der präzisen Coin-Kontrolle selbst subtile Dekohärenz-Mechanismen in komplexen Systemen erfolgreich untersucht werden können.