Vinay Kunnathully wurde auf der “19th International Conference on Extended Defects in Semiconductors” in Thessaloniki für seinen Beitrag über „Defect Formation in InAs Nanoislands Heteroepitaxially Grown on Nanopillar-Patterned GaAs (111) A“ durch eine internationale Jury mit dem „Helmut Alexander Award“ ausgezeichnet. Der Helmut-Alexander-Preis wird seit 2002 verliehen und erinnert an die großen Leistungen seines Namensgebers bei der Charakterisierung von Kristallstrukturdefekten in Silizium, Germanium und Verbindungshalbleitern. Neben der Ehre ist der Preis mit einem kleinen Preisgeld verbunden. Für Vinay Kunnathully ist es schon das zweite Mal, dass er auf einer internationalen Tagung einen Preis gewinnt, zuletzt beim Fall Meeting 2017 der European Materials Research Society EMRS in Warschau.
Vinay Kunnathully untersucht in seiner Doktorarbeit mittels Transmissionselektronenmikroskopie das Wachstum von Indiumarsenid (InAs)-Inseln auf nanometrisch kleinen Säulen aus Galliumarsenid (GaAs). In dem DFG-geförderten Projekt unter der Leitung von Dr. Thomas Riedl und Prof. Dr. Jörg Lindner soll in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dirk Reuter geklärt werden, ob sich ein- und zweidimensionale „ausgedehnte“ Kristalldefekte beim heteroepitaktischen Aufwachsen eines Materials auf einem Substrat, dessen Kristallgitter nicht genau passt, vermeiden lassen, indem man die Substratoberfläche so vorstrukturiert, dass eine Anpassung der atomaren Gitter stattfinden kann. Verschiedene Theorien sagen diesen Effekt voraus, aber es ist nicht klar, bei welchen Strukturgrößen er tatsächlich eintritt.
Dabei würde das Vermeiden ausgedehnter Defekte in der Halbleiter-Heteroepitaxie einen enormen Fortschritt bedeuten: die Bandlücke vieler Halbleitermaterialien, und damit die Wellenlänge, bei der Licht emittiert oder absorbiert werden kann, lässt sich durch die Wahl der chemischen Zusammensetzung in vielen Verbindungshalbleitern einstellen. Allerdings verändern sich damit auch die atomaren Abstände und es findet sich kein passendes Substrat mehr, auf dem eine Schicht eines Verbindungshalbleiters defektfrei aufwachsen kann. Elektrische Ladungsträger werden an ausgedehnten Defekten gestreut, so dass die Materialien ihre guten optoelektronischen Eigenschaften verlieren.
Das System InAs auf GaAs ist ein Modellsystem, an dem neue Wachstumskonzepte studiert werden können, nicht zuletzt, weil das Wachstum auf GaAs mittels Molekularstrahlepitaxie (MBE) in der AG Reuter gut beherrscht wird. Herr Kunnathully stellt mit Verfahren, die auf Selbstorganisation beruhen, nanostrukturierte GaAs-Oberflächen her. Der MBE-Experte Alexander Trapp aus der AG Reuter wächst darauf InAs-Inseln auf, die dann in der AG Lindner nach entsprechender Präparation mit dem neuen Höchstleistungs-Transmissionselektronenmikroskop untersucht werden. Die Abbildung a) zeigt eine InAs-Insel in atomarer Auflösung: jeder helle Punkt in dieser sogenannten HAADF-STEM-Aufnahme entspricht einer Säule von Atomen. Kristalldefekte, d.h. Abweichungen von der regelmäßigen Anordnung der Atomreihen können somit direkt beobachtet werden. Numerische Auswertungen solcher Aufnahmen mittels sogenannter geometrischer Phasenanalyse (GPA) erlauben es sogar, einzelne Komponenten des mechanischen Spannungstensors ortsaufgelöst darzustellen. Eine Karte der Spannungskomponente εyy parallel zur Grenzfläche ist falschfarbenkodiert in Abbildung b) zu sehen. Man erkennt daran, wie die vorhandenen Gitterdefekte mechanische Spannungen abbauen und wie sich residuelle Spannungen zwischen Insel und Substrat verteilen. Diese Informationen können wiederum mit Modellrechnungen verglichen werden, die Thomas Riedl mittels verschiedener Verfahren durchführt, um die unterschiedlichen Vorhersagen unterschiedlicher Theorien zu überprüfen.
Wir gratulieren Vinnay Kunnathully zu seinem schönen Erfolg.